Tag Archives: Berlin

KREUZWORT am 21. Oktober mit LESS, REICH, SCHULTENS und STEINBUCH (kein Scherz, machen wir echt)

14 Okt

Das Tolle am Nie-Geld-Verdient-Haben ist ja, dass dir niemals niemand vorwerfen kann, du habest dich ausverkauft. Was ihr uns jetzt allerdings vorwerfen könntet: Nostalgie. Ist uns aber wumpe, wir leben doch nicht nach eurem kleingeistigen Zeitdiktat. Sondern ständig und überall, querwärts und überhaupt zu viel. Deswegen: Wir schmeißen mal wieder eine Lesung. Einfach weilwegen.

Ende 2013 war Schluss, mit einem Nebensatz und einem powered-by-Kate-Blogeintrag, der sich viel um Pasta mit Tomatensauce drehte. Danach haben weder Carolin noch ich so wirklich runtergeschraubt, wie das eigentlich der Plan war, sondern sind durch ein Chaos nach dem nächsten gesurft. Egal, interessiert euch nicht und selbst uns nicht so sehr.
 

Zumal wir ja ständige Vertretung erhalten haben. Von Kids, die das cooler deichseln als wir. Wir konnten uns als beruhigt schneckenhäuseln und uns die Plautze streicheln (jeweils, nicht gegenseitig – um hier eventuellen Gerüchten oder meinetwegen auch Gerüchen vorzubeugen). Mehr als Paste mit Tomatensauce war allerdings kaum drin, allein schon weil ich ein sehr einfallsloser Mensch bin. Habe aber zwischenzeitlich Zucchini für mich entdeckt, es ist romantisch.

Jedenfalls: War gut, war prima. Aber dann? Sehnsucht? Wiederaufquellende Leidenschaft? Neugeschöpfter Idealismus? Doch finanziöse Gefühle?

Nee, Bier.
 
Irgendwann im September schmiss ich Platten auf Teller und Carolin war dabei und wir beide voll mit Bier und dann voll so:
EY WÄR DOCH WITZIG WENN WIR
JA HAHA EIGENTLICH SCHON NE
NE
JA NE
JA DANN LASS DOCH MACHEN
HAHA OKAY NE
NE IST DOCH COOL
JA NE
BOAH COOL NE
JA NE EH
LASS NOCH MALN BIER DRAUF
JAU GERNE DIGGA
COOL DIGGI
(Gedächtnisprotokoll)
Dann, nach einer nüchternen und professionösen Strategieplanung via Facebook-Chat inkl. bunten .gif-Stickern (der mit dem Hund, der dem anderen Hund am Hintern riecht ist megasweet – Analgesicht nennt sich das übrigens in der Fachsprache), stand das Datum fest: 27. September, quasi also fünfter Geburtstag.
Weil der erste Termin am auch am 27. September war, nur fünf Jahre vorher. Gebt zu, das ergibt frappierend viel Sinn, ne?
Nach ein bisschen Rumdoodelei und Nichtstuerei wurden ein paar Namen mit den dazugehörigen Menschen und Einverständniserklärungen gefunden und dann schaute Carolin mal wieder im Damensalon vorbei und wir freuen uns jetzt auf den 21. Oktober statt dem 27. September (das wär uns zu lange hin) mit Georg Leß, Stephan Reich, Katharina Schultens und Gerhild Steinbuch und Kate Bush weil Kate Bush ist immer.
 

Einlass ab 20 Uhr (ihr wisst, was das heißt), halbtrunkene Anmoderation ab 21 Uhr (keine Viten), echte Gefühle für ca. 1 1/2, danach Kickern, Bier und markige Sprüche mit adaptiertem und/oder vollgefälschtem Dialekt.

Damage 3€, um Kicker- und Bierkosten zu kompensieren. Wir haben das Nie-Geld-Verdient-Haben schließlich nicht verlernt. Soll uns ja niemand was vorwerfen können. Niemals.

Aber geht’s danach weiter, Kristoffer?

Lol, nein. Lol. Sowas von überhaupt nicht.

KREUZWORT am 9.12. mit crauss., Jan Skudlarek und Chloe Zeegen

4 Dez

Immerhin: Es hat noch nicht geschneit und Berlin fröstelt nur gräu(s)lich vor sich hin, statt im Schneewasserdreckmatsch zu ersaufen. Das sind doch, den Umständen entsprechend, gute Nachrichten. Und es ist mal wieder Kreuzwort, was für euch – da lass ich nichts anderes gelten – umstandslos gute Nachrichten sind. Diesmal freuen wir uns auf drei bekannte Gesichter. crauss. hatte bereits vor einiger Zeit bei uns gelesen und damals schon Jan Skudlarek im Schlepptau. Der allerdings ist ja schon vorher und nachher immer schon unser liebster Stammgast (sorry an alle anderen!) gewesen. Jan beziehungsweise der Arbeit des famosen STILL-Magazins, in deren Redaktion er sitzt (obwohl die, so vermuten wir, eher im Liegen arbeiten), haben wir es auch zu verdanken, dass wir auf Chloe Zeegen aufmerksam wurden. Sie las im Juni bei uns und ist nun mit einer anderen Geschichte aus ihrem soeben bei mikrotext erschienenen eBook I love myself ok? dabei. Jan hat auch vor Kurzem sein Debüt vorgelegt: elektrosmog ist kürzlich bei luxbooks veröffentlicht worden und kann bei uns vom Büchertisch weggegrabbelt werden. Und crauss.? Der hat doch mindestens fünf neue Bücher in die Diskurssuppe gespuckt, seitdem er vor anderthalb Jahren bei uns eine Lakritzvergiftung erlitt. Schönheit des Wassers zum Beispiel, im stets verlässlichen Verlagshaus J. Frank.

Also, wen von den Dreien sollten wir nun ins Rampenlicht rücken? Wie immer: Alle. Vor allem aber den Spaß. Das ist der Vierte im Bunde. Er kommt gegen 20h pünktlich zum Einlass in den Damensalon in der Reuterstraße 39 (leicht zu erreichen von der U Hermannplatz oder der U Schönleinstraße) und trinkt dort ein paar Gin Basil Smash, bis um 21h, wenn die Lesung beginnt. Neben dem Schnapsbudget hat er natürlich auch die 3€ Eintritt einstecken. Ist ja ein smoother Bursch, dieser Spaß. Ihr solltet ihn kennenlernen, ernsthaft. Und nebenbei natürlich noch einer schönen, abwechslungsreichen Lesung beiwohnen, die euch mit viel Feel-Good-Molekülen den Solar Plexus wärmen und den Grauschleier von der Stadt reißen wird. Versprochen.

P5307795-(Crauss-2013)locrauss., *1971 in Siegen / D, lebt dort. Literaturstudium, Dozent für Kreatives Schreiben, Museumstänzer, Werbetexter, Postsortierer. Mitglied verschiedener Literaturgruppen; ausgezeichnet mit Stipendien und Literaturpreisen. Letzte Veröffentlichungen: MOTORRADHELD (prosa, 2009), LAKRITZVERGIFTUNG (juicy transversions, 2011) und SCHÖNHEIT DES WASSERS (gedichte, 2013). Mehr auf www.crauss.de

crauss trance

1427851Jan Skudlarek, geboren 1986, wohnhaft in Berlin. Sein Gedichtband »elektrosmog« erschien vor Kurzem bei Luxbooks. Als Kreuzwortstammgast freut er sich, sein Buch vorstellen zu dürfen.

herrenlosigkeit Chloe Zeegen, born 1980 in the United Kingdom, gave up a successful career in arts management in London to move to Berlin in early 2012 and focus on her work as an artist and writer. Her writing is published online and has recently appeared in the debut issue of STILL magazine for young literature and photography. Her first ebook I love myself ok? was recently published by mikrotext.

Excerpt from Bierpinsel and Fuck Trauma

It’s called the Bierpinsel and I didn’t know it was in Steglitz until I moved there but I would have moved here if I’d known it was here so it’s a good job I moved there. Isn’t it? Isn’t it. Say it so I can hear you. I can see it from my flat and I can see it when I walk down the street and I can see it when I come in from the snow. Did you hear the one about the man who went into the field and it was snowing and there was all that stuff about stolen money?

Some people preferred it before it was repainted but I like it now that it’s all dolled up. When I’m far away from it, I can see it’s frightening but when I’m close to it, it charms me into accepting something.

Mit Chloe habe ich mich selbst übrigens mal über den Bierpinsel unterhalten, Nikola Richter von mikrotext hat es mitgeschnitten und das Video gestaltet sich so:

KREUZWORT am 11.11. mit ELZE, KREIPE, SCHULZ & THIES

1 Nov

Wat, schon wieder Kreuzwort? Na gut. Dann legen wir mal los, am närrischen 11.11. diesmal, montäglich wie gewohnt, mit Einlass ab 20h, was einen Beginn um 21h nach sich ziehen wird. Diesmal dabei ein bunter Blumenstrauß von Lyrik mit Carl-Christian Elze, Birgit Kreipe, Kreuzwort-Veteran Tom Schulz und Klaus Johannes Thies. Noch mehr Infos? Na gut: Im Damensalon in der Reuterstraße 39 as usual. Achja, kostet wie immer 3€ Eintritt. Puh, hab ich noch was vergessen? Glaub nicht. Kommt einfach rum, zackig!

 

Carl-Christian Elze, 1974 in Berlin geboren, lebt in Leipzig. Er studierte Biologie und Germanistik, und von 2004-2008 am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Er schreibt Gedichte, Prosa, Drehbücher und Libretti. Zahlreiche Einzelveröffentlichungen und Beiträge in Literaturzeitschriften und Anthologien wie EDIT, Bella Triste, Lyrik von Jetzt 2, Jahrbuch der Lyrik. Sein letzter Gedichtband „ich lebe in einem wasserturm am meer, was albern ist“ erschien 2013 im luxbooks-Verlag. Für seine Gedichte erhielt er u.a. den Lyrik-Debütpreis Poetenladen (2005), das New York-Stipendium des Deutschen Hauses NY und der Max-Kade-Foundation (2010), und den Lyrikpreis München (2010). Seit 2011 betreibt Elze zusammen mit Janin Wölke, Udo Grashoff, Mario Salazar und Thorsten Frey die Lesereihe niemerlang in Berlin und Leipzig.

 

ich habe fickende fliegen im kopf, ich habe so viele
fickende fliegen im kopf, alles brummt & legt kleine eier.
ich habe dinge zu regeln, wenn ich wieder im haus bin.
wie kann es sein, dass fickende fliegen in mich geraten?
das system muss offen sein. wie liebestoll ist dieses system?
& wenn es offen ist, kann ich mit dem kleinen finger hinein?
& reicht es aus, wenn ich nur einer einzigen fickenden fliege,
während sie fickt, mit dem kleinen finger übers rückenfell fahre
dass es knistert, um selber glücklich zu sein?, weil fickende fliegen
glücklich sind, so steht es geschrieben, & alles glück abstrahlt –

aus:  ich lebe in einem wasserturm am meer, was albern ist. Gedichte. luxbooks, Wiesbaden 2013.

 

Birgit Kreipe, geb. in Hildesheim. Kindheit & Jugend auf dem Land. Studium der  Psychologie und Germanistik in Marburg, Wien und Göttingen, lebt in Berlin. Kurzprosa und Gedichte sind in vielen Zeitschriften und Anthologien erschienen (zuletzt in erostepost, ostragehege, randnummer, lichtungen, zeitzoo; Anthologien:  Die Schönheit ein deutliches Rauschen und Schneegedichte. beide hrsg. von Ron Winkler; Im Heiligkeitsgedränge, Verlag Lettretage, 2011;  Jahrbuch Lyrik 2011, 2013,)

Im Frühjahr 2012 erschien „schönheitsfarm“ im Verlagshaus J. Frank, Berlin

 

nachts rücken die scheunen zusammen, werden zahm

I

hier, wo die blauen luftschiffe aufsteigen
wie soda, war mein acker. unter dem grün
das feld, wo wir licht anbauten
in den jahren des zusammenhaltes
gussmodeln: hier liebesformate
dort kühlpackungen für die verwundeten.
das licht kitzelt noch, wie ein schwarm, auch wenn
das wurzelwerk lange erloschen ist.
bäume, ihr wispern, wie muhmen:
da bist du ja, mein stiefelmädchen
gerstenfeld, mondgesicht, endlich zuhaus!
wir werden leben wie ein orchester, zusammen!
wo die apparaturen erblinden
zischeln vier winde. ich will nicht
ins trudeln geraten, die balance
die blauen luftschiffe, sie gehören zu mir.

 

Tom Schulz, geboren 1970 in der Oberlausitz, aufgewachsen in Ostberlin. Lebt  als freier Autor und Herausgeber in Berlin. Dozent für Kreatives Schreiben. Leitet seit 2011 die Schreibwerkstatt „open poems“ an der Literaturwerkstatt Berlin.

Zuletzt erschienen: Innere Musik. Gedichte. Berlin Verlag, 2012. Kanon vor dem Verschwinden. Gedichte. Berlin Verlag, 2009. Im Frühjahr 2014 erscheint bei Hanser Berlin (zusammen mit Björn Kuhligk): Wir sind jetzt hier. Neue Wanderungen durch die Mark Brandenburg.

Herausgeber der Anthologie: Alles außer Tiernahrung – Neue Politische Gedichte. Rotbuch Verlag, 2009. Und der Liebesgedichte – von Nicolas Born. Insel Verlag 2011. Mitherausgeber der Anthologie „Trakl und wir – Fünfzig Blicke in einen Opal.“ Stiftung Lyrik-Kabinett, 2014.

Preise und Stipendien u.a.: Bayerischer Kunstförderpreis für Literatur, 2010. Aufenthaltsstipendium der Villa Decius in Krakau, 2010.  Aufenthaltsstipendium des Künstlerhofs Schreyahn, 2012. Aufenthaltsstipendium des Heinrich-Heine-Hauses in Lüneburg, 2012-13 . Berliner Senatsstipendium, 2013. Kunstpreis Literatur der Lotto-Stiftung Brandenburg, 2013.

Aus der Lichtuniversität

 

Nur eine Zeile. Lyon. Only the young die young. Traf mich ein Sonnenstrahl. Sanft

und warm. Über den Platz ging ein Mann. Dann eine Frau. In den Bäumen weder

Blätter noch Reif. Weder die Knospe. Noch eine Hostie. Nur das Licht. Lumiere.

Leicht zu denken. Auch dies. Der Clochard war aus Gras. Wir rauchten zusammen.

Bis auf den Filter. Spazierten am Fluss. Die Wege, mit dem Meer verbunden. Auf

eine unbekannte Weise. Wie Tiefgaragensümpfe. Stell dir vor: brennende Ebenen. Dazwischen wir: Äffchen. Schaukeln inmitten der Verkehrsinseln. Versteh mich nicht falsch. Nur eine Zeile. Was du denkst oder isst, gehört dir. Das Brötchen im Pralinen-mantel. Diese Referenz: an eine leere Mitte. Hinterlässt keinen Diskurs. Pralinen-brötchen. Gefüllt mit nichts. Außer süßem Teig. Ein Körper, wenn er aufprallt. Fällt

er weich? Erste Hilfe. Mund zu Nase. Leicht zu verstehen. Auch dies. Der eine

Garten heißt Gabriel Faure. Dieses Haus. Ein Gebäudeteil davon. Die Nocturnes.

Hören sich an am Tag. In der Nacht. Schwingen die Brücken noch? Versteh mich

nicht falsch. Mein Kopf badet in der Sonne. Ich bestehe fast nur aus Wasser.

Wenn ich einen Gedanken fasse, gluckert es. Als wäre etwas im Fluss. Als fädelten

wir uns durch die Passagen wie Kamele in einem Nadelöhr. In den Auslagen

Teufelsrochen. Jemand wie ich tritt in ein Glühlampengeschäft. Spricht die Worte

ungenügend. Oder falsch betont. Verwechselt Bahnhof mit dem Schlafanzug. Tür

und Hafen. Am Geländer hielten wir uns fest. Liefen herüber nach Alt. Lyon. Nur

eine Zeile. Kirchliche Gassen, schmal. Eine Frau ging hindurch. Ein Mann. Dann

die Horde Schulkinder. Stand vor der Kathedrale. Sahen die fehlenden Köpfe nicht.

Die Köpfe der Engel, abgesägt. Etwas gluckert, wird still. Als wir in den Garten aus

Stein gerieten. Beinah stolperten. Die Rückseiten der Häuser ergriffen. Die Rück-

seiten der Daguerreotypien. In sechzehn Bildern pro Sekunde. Wovon zu erzählen

wäre. Die erste Erzählung des Lichts. Wir kauften die Milchbrötchen.

 

Klaus Johannes Thies, aufgewachsen in Bielefeld, ab 1966 in und um Würzburg, seit 1975 in Bremen, seit 2000 auch in Berlin.

Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften: „Manuskripte“, (Heft 124, 143, 164, 183) „Neue Rundschau“, „Akzente“, „neue
deutsche literatur“, „die horen“, „Litfass“, „Der Literaturbote“, „Hirschstraße“,  „Zündschrift“, „Krachkultur“, „Stint“, „Trafika“ (Prag/New York), „Tratti“ (Faenza), „Yang“ (Gent), „entwürfe“(Zürich)…

Bücher: „Was machen wir hier“, Eric van der Wal, Bergen NH (Gedichte) 1984 „Unbedingte Zunahme“, Tende Verlag Frankfurt 1986 (dafür Förderpreis für Bremer Schriftsteller und Stipendium in der Casa Baldi, Olevano Romano) „Schurrmurr“, Achilla Presse Bremen/Hamburg 1996 „Die Dunkelkammer unter dem Rock“, Reclam Leipzig 1998 „Tacchi a spillo sulla tastiera di Monk“, Mobydick, Faenza 2000, (Übersetzer: Giovanni Nadiani) “Uranda Urundi”, (Kurzprosa) 2007 “Zusammenarbeit mit Dritten”, (Kurzprosa) 2009

Hörspiele: „Kalte Füße“ „Bilder, Schritte, Anfänge“ (drei kleine Phantasien) 1999 (beide von Radio Bremen produziert)

Fernsehen: Portrait von Christel Körner, produziert vom swr

 

EIN PHOTO AUS EINEM ANDEREN JAHRHUNDERT

Heute morgen bin ich versehentlich in einem anderen Jahrhundert erschienen.
Ohne fremde Hilfe konnte ich keine der Personen identifizieren,
die da in meiner Wohnung herum gingen.
Und dann die Musiker dazwischen.
Offensichtlich war ich in ein Familienfest meiner Vorfahren hineingeraten.
In den Gesichtern erkannte ich die großen Hoffnungen, die, wie Fallschirme,
nie aufgegangen waren, und dann die Veteranen, die soviel Angst und
Schrecken verbreitet haben;
jetzt saßen sie, wie in einem Linienbus, hintereinander
und konnten kaum die Abfahrt zum Sennefriedhof I erwarten,
saßen nach dem Essen da, in sich versunken,
als würde sie eine Lampe von innen schwach wie Hustensaft beleuchten,
und die Kinder liefen um sie herum, wie um Eisberge, von denen nur noch die
ausgemergelten Knie zu sehen waren.
Sah mich nicht in der Lage, die zwanzig, dreißig Jahre zu überspringen,
die ich anscheinend verpasst hatte, fortwährend mit feuchten Augen anwesend,
und eben wegen der feuchten Augen vielleicht nur die Hälfte sah,
und dann unterspülten die Musikanten das, was mich im Innersten
zusammenhielt, mit ihrer rumänisch klingenden Musik.

KREUZWORT/CROSSWORD Saisonfinale mit DOUGLAS-MOORE, HEROLD, ZEEGEN am 10. Juni

4 Jun

Das Poesiefestival bricht bereits am Freitag über Berlin herein und es ist uns egal. Naja, so halb. Oder eigentlich gar nicht. Zumindest jedoch starten wir den Gegenangriff in Form des Kreuzwort-Saisonfinales. Richtig: Wir haben keine Lust mehr und läuten die Sommerpause ein. Sie dauert solang, wie wir das für richtig empfinden. Isso!

Wir freuen uns auf einen bilateralen Abend mit Ian Douglas-Moore, Tobias Herold und Chloe Zeegen, die uns am 10. Juni im Damensalon in der Reuterstraße 39 beehren werden. Einlass wie gewohnt um 20h, Lesung beginnt pünktlich um 21h. 3€ Eintritt sind ebenso mitzubringen wie ein bisschen Öl für die quietschende Tür (hatte ich erwähnt, dass es wirklich pünktlich losgeht?). Eigentlich sollte ich hier noch mehr schreiben, vielleicht sogar was „Lustiges“ wie sonst auch (?). Sorry, kein Bock – Sommerpause ist notwendig, ihr seht das schon noch ein.

For all you English speaking people out there: Ian Douglas-Moore, Tobias Herold and Chloe Zeegen will be our guests at this season’s last Kreuzwort on 10th June  at Damensalon, Reuterstraße 39 (near Hermannplatz/Schönleinstraße). Entrance at 8pm, reading starts at 9pm sharp. Bring 3€ for us and enough for some beer, wine or Gin Basil Smash (highly recommended!). And don’t forget to tip or hilarity will ensue.

Ian Douglas-Moore lives in Berlin, where he plays music in bands like Church Car and the Sacred Travelers and writes occasionally.

Excerpt from „white, round“:

Look at this thing. Here it is. It’s kind of important I mean I think it might be kind of important so you should look at it. I was on the train and I thought of this thing and I thought you should look at it and I mean. But it’s in my head so I mean, you should look at it though. I’ll try to show it to you. Look. Do you see it? When it was warmer, the weather I mean, not what I want you to see, when the weather was warmer we went swimming in a lake. There are many lakes around here and some of them are very long and narrow. Some of them are round and sometimes we went swimming in one of them. It was warmer but not so warm.

Tobias Herold, *1983, liest aus den Lyrikbänden „Kruste“ und „Ausfahrt“ sowie neue, unveröffentlichte Prosagedichte. Er lebt in Berlin und veranstaltet zusammen mit Alexander Filyuta die Reihe „Lyrik im ausland“.

Ohne Hirn
keine Gespinste, keine
Seele, die man baumeln
lassen könnte, und auch

nicht dieses todschicke
Kostüm aus Nerven,
das du zum Mantel des
Schweigens so gern trägst.

Chloe Zeegen (b. 1980 in the United Kingdom) gave up a successful career in arts management in London to move to Berlin in early 2012 and focus on her work as an artist and writer. Her writing is published online and has recently appeared in the debut issue of STILL magazine for young literature and photography.

I go to a bar on Oranienstraße. There’s some random there and we chat for a bit but pretty soon he’s like just moved here have you? think you’re an artist? it’s people like you who are destroying Berlin you fucking tourist. I laugh in his face give him the finger but I don’t just give him the finger I pretend to run my tongue over it up and down to show him just how much of a creative little bitch I am and that really pisses him off and his friends are like leave it leave it. When I get home my spell check is like wtf babe I can tell you’re trying to say something but I can’t figure out what. I consider uploading my entire fucking life to first-world-problems.com but I don’t because that’s bullshit. I reflect an image in Photoshop and it creates a skull. I Google ‘Facebook Star’ and take a screenshot because the returns are irrelevant. I update my status to find everlasting life and I tell you I mean it and I tell you it’s real.

KREUZWORT am 11.02.: BÜLHOFF, DURAJ und VOGEL

6 Feb

Hümmelhülf, schon wieder ein Monat um! Die Zeit rast und wir stolpern hinterher. Aus den Taschen fallen uns Erinnerungen an die letzten schönen Lesungen, aus dem Haupthaar grausilberne Strähnen. Aber ihr wollt ja gute Literatur hören, immer mehr und immer mehr. Und uns ist das auch recht – als Bonus gibt’s ja sogar noch soziale Kontakte dazu. Wowsi! Wer also mit uns über unsere Lieblingskatzenmemes sprechen will, eine Runde deliziösen Gin Basil Smash schmeißen will oder doch lieber der Hauptsache, der guten Lesung wegen kommt, sei herzliebst dazu eingeladen, uns am 11. Februar im Damensalon in der Reuterstraße 39 (U Hermannplatz oder Schönleinstraße, Busse gibt’s auch) zu besuchen!

Wir werden ab 20 Uhr dort sein um euch die 3€ Eintrittsgelder und gegebenenfalls den einen oder anderen Doktortitel abzunehmen. Seid auf der Hut! Zwei, drei Biere später werden Andreas Bülhoff, Richard Duraj und Mikael Vogel dann mit Lyrik verwöhnen. Vorgeschmack auf Personae und Poetery? Gerne doch! Sollten die Bilder übrigens falsch dargestellt werden: Klick drauf dürfte den Lesegenuss erleichtern/-möglichen.

Andreas Bülhoff fabuliert fabulös über seinen Lebenslauf: „zur biografie: was willst du da haben? studium und sonen quatsch? publikationen kennst du ja quasi eh schon alle… vorher hab ich halt in göttingen studiert und dort ein volo im literarischen zentrum gemacht… (finde ich aber eher nicht erwähnenswert…). geboren bin ich 1987 in gladbeck und aufgewachsen in essen und hamm. falls du noch irgendwas anderes wissen willst, schreib mir nochmal.“ Publikationen kenn‘ ich wirklich! Zuletzt zum Beispiel in der famosen randnummer und diverse Übersetzungen für den fantastischen Verlag luxbooks sollten ebenfalls nicht unterschlagen werden.

Bülhoff

Richard Duraj kam wohl nicht dazu, uns über sein bisheriges Leben aufzuklären, was aber nicht weiter schlimm ist. Wir vermuten, dass er nach seiner Geburt in Polen eigentlich schon den Weg nach Berlin aufnehmen wollte, allerdings mit zuviel Anlauf und etwas Linksdrall bis nach Tübingen weitersauste. Auch der Rückweg schien sich problematisch gestaltet zu haben: Es ging wieder nach Polen. Mittlerweile ist er aber im Herz der Finsternis (Berlin) angekommen und wohnt ungefähr fußläufig von uns entfernt. Mittlerweile „lebt und schreibt er“ also, wie das immer in den Biografien ferienhausloser SchriftstellerInnen heißt, in Berlin. Veröffentlicht hat er anderswo, ebenfalls randnummer und diverse andere. 

UpdateRichard hat uns noch mehr Infos rübergefaxt! Per Faxbook!

Richard Duraj, in den Achtzigern in Polen geboren, in den Neunzigern in Esslingen aufgewachsen, wohnt in Berlin. Schreibt Gedichte. Veröffentlichungen in Zeitschriften, u.a. Randnummer, Edit, Die Horen.

duraj

Mikael Vogel (*1975) schreibt vorrangig Lyrik, daneben Prosa. 2002 erhielt er das Hermann-Lenz-Stipendium. Bislang sind von ihm neben zahlreichen Veröffentlichungen in Zeitschriften und Anthologien drei Gedichtbände erschienen, zuletzt ‚Massenhaft Tiere‘ im Verlagshaus J. Frank Berlin. 2010–11 Redakteur der Künstlerzeitschrift ‚Prolog – Heft für Zeichnung und Text‚, Berlin. Zahlreiche Lyrik-Übersetzungen aus mehreren Sprachen, z.B. T.S.Eliot, Sylvia Plath, Shelley, Michelangelo, Rimbaud, e.e.cummings.

Vogel

Kreuzwort am 10.09.: Georg HEYM, Birgit KREIPE, Stephan REICH, Friederike SCHEFFLER & Katharina SCHULTENS

4 Sept

OH MEINE SPIRITUELLE PROJEKTIONSFIGUR, KREUZWORT IST ZURÜCK! Und startet natürlich gewohnt fulminant mit Literatur und Drinks in die nächste Saison. Am 10. September können wir im innig geliebten Damensalon in der Reuterstraße 39 sogar mit einem Verstorbenen aufwarten. Naja, zumindest mittelbar. Vor gut 100 1/2 Jahren ertrank Georg Heym auf einer Schlittschuhfahrt und hinterließ ein für sein zartes Alter ziemlich umfangreiches Oeuvre (nimm das, Optimierungsgesellschaft des 21.!). Der Schriftsteller und Herausgeber Florian Voß, der diesen Abend bei uns moderieren wird, wollte den expressionistischen Dichter wieder ins kollektive Gedächtnis zurück heben, indem er ihm eine Anthologie widmete. Nicht nur Heyms eigene Arbeiten sind darin versammelt, sondern auch Texte von Lyrikerinnen und Lyrikern, die sich intensiv mit dem vorgegebenen Material auseinandersetzen. Wir dürfen mit Birgit KreipeStephan ReichFriederike Scheffler und Katharina Schultens vier Personen bei uns begrüßen, die zu dem fantastisch gelungenen Band (das sag nicht nur, das sagt auch meine Rezension bei Fixpoetry, hier zu lesen) beigetragen haben. Die vier werden neben ihren Erwiderungen, Antworten und Pastichen auch eigene Texte vortragen. Toll? Toll!

Deswegen die Beine in die Hand genommen und vorbeigeschneit (hoffentlich kein prophetischer Ausdruck) kommen. Einlass ist wie gewohnt ab 20h, Eintritt beträgt wie gewohnt 3€, wir werden wie gewohnt Gin Basil Smash trinken und euch raten, dasselbe zu tun. Ihr braucht Teaser? Ihr kriegt Teaser!

Birgit Kreipe, geb. in Hildesheim. Kindheit & Jugend auf dem Land. Studium der  Psychologie und Germanistik in Marburg, Wien und Göttingen, lebt in Berlin. Kurzprosa und Gedichte sind in vielen Zeitschriften und Anthologien erschienen (zuletzt in lichtungen, randnummer, in: Schneegedichte, hrsg. von Ron Winkler, im Jahrbuch Lyrik 2011)

Im Juni 2010 erschien wenn ich wind sage, seid ihr weg, Verlag im Proberaum, Klingenberg. Im Frühjahr 2013 erschien „schönheitsfarm“ im Verlagshaus J. Frank, Berlin. 

Birgit Kreipe ist Mitglied im „forum der 13“.

 

Georg Heym

Der Winter          

Der blaue Schnee liegt auf dem ebenen Land,
das Winter dehnt. Und die Wegweiser zeigen
einander mit der ausgestreckten Hand
der Horizonte violettes Schweigen.

hier treffen sich auf ihrem Weg ins Leere
vier Strassen an. Die niedren Bäume stehen
wie Bettler kahl. Das Rot der Vogelbeere
glänzt wie ihr Auge trübe. die Chausseen

verweilen kurz und sprechen aus den Ästen
dann ziehn sie in die Einsamkeit
gen Nord und Süden und nach Ost und Westen.
wo bleicht der niedre Tag der Winterzeit.

Ein hoher Korb mit rissigem Geflecht
blieb von der Ernte noch im Ackerfeld
Weißbärtig, ein Soldat, der nach Gefecht
und heißem Tag der Toten Wache hält.

der Schnee wird bleicher, und der Tag vergeht
der Sonne Atem dampft am Firmament
davon das Eis, das in den Lachen brennt
hinab die Strasse rot wie Feuer brennt.

Birgit Kreipe

havel, himmel, blauer käfer, der am wasser fliegt

der wind bricht, krachen, in den bäumen auf
kühlt ab, im wasser tauchen flüchtig träume
erinnerungen. hirngespinste. auf.

chausseen wehn am ufer, in den ästen reste
atmen, mai. die uferphlox und meisen
gleißen, zitterschiffe, die in lichterfetzen treiben.

flammengrünes laub. im schatten eine uferwarnung
nicht weiter. dünnes eis: als letzte wachsoldatin
durchs jahr mit rost wie blut, darüber laub wie tarnung.

der wind zerrt abend auf ein boot, das dort vertäut
dahinter spätes mondkalb, hat ‘nen stern im maul
und stiert ins wasser, kaut betäubt.

das eis, das nicht mehr trug, ist hundertmal im meer
und in die blauen flügelschalen aufgestiegen.
brennt in den lachen. dann nicht mehr.

 

Stephan Reich, geboren, aufgewachsen, lebt.
Veröffentlichungen in Zeitschriften und Anthologien, zuletzt Wortwuchs Magazin # 5, randnummer literaturhefte # 4, Jahrbuch der Lyrik 2011, Versnetze Vier, etc. Finalist beim 18. Open Mike der Literaturwerkstatt Berlin 2010.

 

havel

 

Im Haar ein Nest

aus sauerstoff & an das ufer

dröhnt geschichte

fast wie vorhergesagt

da geht er hin

als ironie

(das muss einer der träume sein)

Und die beringten Hände

berlins im rücken die schlote winken

statisch zum abschied

während er Unsichtbar schwimmt

mit dem mund voller eis & letzte gedanken

verschwinden wie luftblasen

in der Flut

& im Dunkelgrün der Wiesen

bleibt es still, kein Widerhall,

die Melodie der atmung weicht

Maschinenkreischen, Wasser

ratten an den lippen noch reste

strenger,

nie wuchernder Sprache

 

Friederike Scheffler, geboren 1985 in Berlin, wo sie auch lebt. Veröffentlichungen in Zeitschriften (zuletzt Wortwuchs 7) und Anthologien. Mitgründerin des Berliner Lyrikkollektivs G13, eine Anthologie mit Texten der Gruppe wird im Oktober 2012 bei luxbooks erscheinen. Zum Wintersemester 2012 beginnt sie ein Studium am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig.

 

dicke luft in der landschaft, strommasten
füllen den schönsten zenit. windstärke? drei.
denkst das wetter, wie immer, mimöschen,
fühlt sich so schwach. all die hochhäuser,
schwimmer in dünnen hosen am see.
und weiter drin in der stadt zeig die stelle
am ellenbogen, wos mit uns hingeht.
was das denn soll, dieses wir vorzubringen,
eine kerze, dicht vors gesicht.
fahr zwischen die finger. rückbildung. ringe.
stehen sie zu nah? stehen ohne geräusch.
web deinen ehrgeiz in türme aus stahl.
und denk an die flauten, bitte, die sinken
verzeichne ihr hellblau, die rotierenden parks.

 

Katharina Schultens, geboren 1980 in Rheinland-Pfalz, arbeitet seit 2006 als Forschungsreferentin an der Humboldt-Universität zu Berlin. Diverse Veröffentlichungen in Zeitschriften und Anthologien (zuletzt ostragehege, randnummer, shampoo, bella triste, Lyrik von Jetzt II, Neubuch). 2004 ein Debütband im Rhein-Mosel-Verlag; 2011 als zweiter Band  “gierstabil” im Wiesbadener luxbooks-Verlag. Preisgeld gabs auch, besten Dank: 2005, 2007 und 2009.

 

der busch auf dem kopf meines kindes ist kein dornbusch

auch wenn es darum wogt als ob in einem gräserfeld
auch wenn es darin wispert wie in pappelkronen

und es stecken kleine vögel aus salz darin
deren flügel glitzern und es glänzt das gras

aber golden: durchquert meine hände
auf quantenmechanische weise.

dennoch ist der busch auf dem kopf meines kindes absolut
kein dornbusch bloß ein strauch der federn sprüht

und funken. man kann – das weiß ich – leuchten
ohne zu brennen, behauptet hazelelponi.

nur wollte sie vorübergehend festhalten:
ein weicher weicher strauch.

Saisonfinale am 28.05. mit KRAUS, UNGER & SCHMID

21 Mai

Ende Mai 2012, Berlin-Neukölln: Ein schandhafter Fall emotionaler Erpressung. „Wer jetzt allein  ist, wird es lange bleiben / wird wachen, lesen, lange e-Mails schreiben, / wird in der Hermannstraße hin und her / unruhig wandern, wenn die Blätter treiben“. Oder so. Auf jeden Fall: Für Geselligkeit bleibt nur noch ein Termin! Am Montag, dem 28.05. wird der grandiose Damensalon uns zum vorerst letzten Mal in seinen heiligen Hallen in der Reuterstraße 39 begrüßen, die lautstarke Schwingtür wird sich um 20h öffnen, losgehen wird es etwas später.

Wir werden zwar auch während unserer ausgedehnten Sommerpause mittellinksunten am Tresen unserer Neuköllner Lieblingskneipe zu finden sein – die bleibt ja geöffnet – aber bis Spätsommer/Frühherbst gönnen wir uns eine Auszeit und lassen euch den Affen des Literaturentzugs spüren. Für einen letzten Kick haben sorgen am kommenden Montag noch einmal Dagmara Kraus, Walter Fabian Schmid und Sebastian Unger. Straßenpreis ist 3€ pro Nase, festes Schuhwerk ist kein Muss, Interesse optional (und damit meinen wir: optimal!). Also kommt noch mal und feiert richtig hart mit uns, bevor wir dann um kurz nach Mitternacht richtig hart unsere Sachen packen und die Hacken hart in den Teer rammen, weil die letzte Bahn kommt, schließlich werden wir am nächsten Tag wieder arbeiten müssen. Up the punx! 

 

Dagmara Kraus, 1981 in Wrocław geboren, studierte Komparatistik und Kunstgeschichte in Leipzig, Berlin und Paris und Literarisches Schreiben am Deutschen Literaturinstitut. Soeben ist “kummerang”, ihr Debüt, bei kookbooks erschienen sowie eine Auswahl von Gedichten Miron Białoszewskis in ihrer Übersetzung bei Reinecke & Voß.

Walter Fabian Schmid, geb. 1983 in Regen, studierte 2005-2011 Lehramt und Diplom-Germanistik in Bamberg. Arbeitete währenddessen als Schauspieler, Stadtführer und Tutor. 2008-2011 Redakteur des Literaturlabels poetenladen in Leipzig.

Calwer-Hermann-Hesse-Preis 2010 als Mitredakteur der Literaturzeitschrift poet, nominiert für den Leonce-und-Lena-Preis 2011 und den Lyrikpreis München 2011. Lebt derzeit in München und organisiert gemeinsam mit Tristan Marquardt die Lesereihe „meine drei lyrischen ichs.“

Sebastian Unger:
– geb. 1978 in Berlin
– studierte am DLL und Kulturwissenschaften in Frankfurt/Oder
– Lyrikpreis des Open Mike 2011
– lebt in Berlin

KREUZWORT am 14. mit GUMZ, HÄFNER, KUHLIGK und ROLOFF

8 Mai

Wir große Fans von Bananen und wie sie uns die Welt erklären. Oder die Poetik der Grammatik:

Richtig: Hä? Am besten selber rausfinden, was hinter Spekulative Poetik steckt. Jeden Samstag, 18 bis 20h in den Räume des Merve-Verlags, d.h. Crellestraße 22 in 10827 Berlin (Nähe U7 Kleistpark, aber bitte keinen Suizid! – müsst ihr schon in den C-Bereich des BVG vordringen). 

Armen Avanessian und Steffen Popp machen am Samstag, dem 12. Mai den Auftakt der Gesprächsreihe Poesie und Begriff und reden über Evokation und Proposition. Es werden ebenfalls noch über Lyrik und Philosophie sprechen: Monika Rinck, Franz Josef Czernin, Oswald Egger, Ulf Stolterfoht und Daniel Falb. Voll nicht banane! Voll gut! Weitere Informationen auf der Homepage der Veranstaltungsreihe.

So ähnlich wie hier, über uns und unsere nächsten Veranstaltungen. Zum Beispiel die nächste, denn da uns die letzte noch nicht genug war und wir vor der drohenden Sommerpause noch mal Gas geben wollten. Um die schlimme Nachricht mal mundgerecht zu verpacken. Der Trost? Konzentriertes Programm für konzentriertes Publikum: Mit Alexander GumzEberhard HäfnerBjörn Kuhligk und Marcus Roloff streiten sich um eure Aufmerksamkeitsspanne. Die Wetten im Hause Kreuzwort tendieren dazu, von einer Remis auszugehen, Vierteilung im pazifistischsten Sinne sozusagen. Brot (Gin Basil Smash, Krusovice) und Spiele (Lyrik) gibt es wie gewohnt im Damensalon in der Reuterstraße 39 nähe der U-Stationen Hermannschla- äh, –straße und Schönleinstraße. Also am Montag, dem 14. Mai 3€ Eintrittsgeld mitnehmen und so ab 20h eintrudeln. Wir freuen uns. Und ihr euch auch, schließlich erwarte(t/n) euch Folgende(s):

Alexander Gumz, geboren 1974 in Berlin, wo er auch lebt, studierte Germanistik und Philosophie. Redakteur und Literaturveranstalter beim Texttonlabel KOOK und für das poesiefestival berlin, Mitbegründer des Festivals LAN. Drei Tage junge Literatur und Musik in Berlin und der langen Literatur- und Musiknacht HAM.LIT in Hamburg. Mitherausgeber mehrerer internationaler Anthologien. Er veröffentlichte Gedichte und Nachdichtungen in Zeitschriften und Anthologien, darunter Lyrik von Jetzt (DuMont 2003), Jahrbuch der Lyrik (S. Fischer 2008, 2009, 2011), Rock Lyrik (dtv 2011), Die Zeit, Neue Rundschau, Wespennest, Das Magazin, Das Gedicht. Ausgewählte Gedichte wurden ins Englische, Polnische, Spanische, Slowakische, Persische und Hebräische übersetzt. Sein erster Gedichtband, »ausrücken mit modellen«, ist im Frühjahr 2011 bei kookbooks erschienen. Wiener Werkstattpreis für Lyrik 2002, Finalist beim Leonce und Lena Preis 2003 und 2009 und beim open mike der Literaturwerkstatt Berlin 2009, Stipendiat der Villa Decius in Krakau 2007 und des Berliner Senats 2010. Clemens Brentano Preis der Stadt Heidelberg 2012. 

 

zum menü

 

ein verwaltungsaufwand, der sich selbst bekämpft:

jede stille, in der notenblätter kochen,

 

kommt zurück, bringt zwei neue mit. beim nachtisch

werden sie geschwister, erheben sich

 

fast zeitgleich, werfen campingstühle um.

vor dem abwasch nicken wir und fische

 

springen aus dem teich. zu spät, rufen sie

durch unseren geteilten mund,

 

wir haben keine angaben gemacht. wir sind uns

leider schleierhaft. bitte zu nordsee gehen

 

und den anderen erzählen: morgen wird die gegend

unter giftgas gesetzt.

 

dann genehmigen wir die höhe der reusen. dafür

brauchen wir nicht mal eine uniform.

 

(entnommen aus: ausrücken mit modellen,© kookbooks, berlin 2011)

Eberhard Häfner, 1941 in Steinbach-Hallenberg
bis 1987 als Metallgestalter und Restaurator an kirchlichen Kunstgut gearbeitet
ab 1988 freiberuflich als Dichter mit Unterbrechungen

 die letzten beiden eigenen Gedichtsbände bei Lyrikedition 2000 München

2008 – In die Büsche schlagen –   

2011 – Per Anhalter durch den Verstand –

 

Blase in mein Horn

 

Referiert nach einem Saitensprung

sah ich den Notenschlüssel auf gewölbter Decke

über’s Klangloch spannte Stacheldraht

Wassertropfenleib der Mandoline lag und schwieg

 

ich sah die Blutergüsse zwischen Sofakissen

die Mandelform aus Fichtenholz, des Korpus Schnecke

am Hals Kopfplatte eingerissen

zerfetzt der Katzendarm, mir das Jammern kam

 

guten Morgen, Hände hoch, beide

höchstwahrscheinlich unverletzt geblieben

 

Björn Kuhligk, * 1975 in Berlin, lebt dort. Zuletzt erschienen Der Wald im Zimmer – Eine Harzreise (mit Jan Wagner), Berliner Taschenbuch Verlag, 2007, Von der Oberfläche der Erde, Berlin Verlag, 2009 sowie Bodenpersonal, Verlagshaus J. Frank, 2011. Als Herausgeber editierte er zuletzt Das Kölner Kneipenbuch, 2011, Dumont Verlag, (mit Tom Schulz) und Lyrik von Jetzt zwei (mit Jan Wagner), Berlin Verlag, 2008. 1997 war er Preisträger des open mike der literaturWERKstatt Berlin, 2007 erhielt er ein Arbeitsstipendium der Stiftung Preußische Seehandlung, 2008 ein Arbeitsstipendium des Berliner Senats. Im Frühjahr 2012 erscheint ein neuer Lyrikband bei Hanser Berlin.

 

GRÜSSE AUS DEM HOCHMOOR

 

Der Tau der Wiesen rann herab

auf die Erde, der wir zugetan, über

dem Hang lag der Nebel, ein aufgelöster

Brühwürfel, aus dem sich der Bach

den wir am Abend stauten, befreite

 

die nunmehr an den Rändern

gerundeten Wunden der Buchen

die gestapelt, als könnte Wald

gestapelt werden, nichts als Möbel

wir sahen hinein, eine Verschluss-Sache

 

wenn du Blätter siehst, die laufen

sagte der Sohn des Metzgers

sind es schnelle Ameisen, wenn

ich laufende Blätter sehe, dachte ich

sind es laufende Blätter

 

Marcus Roloff, geb. 1973 in Neubrandenburg, siedelte im Sommer 1989 nach Bremen über und lebt heute in Frankfurt am Main. Studium der Neueren deutschen Literatur, Philosophie und Kulturwissenschaft an der HU Berlin. Literarische Veröffentlichungen seit 1997, zuletzt u.a. im Jahrbuch der Lyrik und der NZZ. Sein dritter Gedichtband „im toten winkel des goldenen schnitts“ erschien 2010 im Frankfurter gutleut verlag. 2009 erhielt er ein Aufenthaltsstipendium des Landes Brandenburg im Künstlerhaus Schloss Wiepersdorf. Als Übersetzer ist er am Lyrikband „Ein weltgewandtes Land“ von John Ashbery beteiligt (luxbooks, Wiesbaden 2010); im Herbst 2012 erscheint ebenda die Werkauswahl „Frischluft“ von Kenneth Koch (mit z. T. deutschen Erstübersetzungen).

 

mundwinkelsuppe

 

meyer heißen will ich (beziehungsweise) mich

klein machen. weggeduckt dem schicksal (der

gemeinschaft) entrinnen. im windschutz von stube

(interieur) und verborgen (nicht sichtbar) der

zweiten jahrhunderthälfte (1950 ff).

 

mir rauscht der kopf. vor den gruben

ist hinter den linien. (auf sworbe) der fraß ist

gefressen. der postkartenstapel vermoderte

im gepäck. mein kopf (ein feindsender). ich ein

rentner. pfeife auf meine. (ich meine) ich werde

 

sterben in einer nachkriegsehe. auf dieser

pritsche. diesem zu boden geworfenen (gehäkelten)

kleid (fünfzig millionen) mit all den birken ver-

glichen. gleicht sich aufs haar halb europa

halb halte ich durch (bis moskau).

KREUZWORT am 07.05.: GOLYNKO & KISSINA (mit Übersetzungen von FILYUTA)

3 Mai

Man muss nicht gerade Gauss sein, um bis hierher rausgefunden zu haben, dass unsere Lesungen eigentlich immer am 2. und 4. Montag jeden Monats stattfinden. Manchmal jedoch machen wir eine Ausnahme, wie zum Beispiel wenn Osterfeiertage sind oder aber, wenn gerade Dimitry Golynko in der Stadt ist. Und wenn wir die Chance haben, Julia Kissina bei uns zu begrüßen. Und Alexander Filyuta seine und Steffen Popps Übersetzungen von Dimitry und Julia bereitstellt. Deshalb haben wir uns also zu einer kleinen, zwischen geschobenen Veranstaltung am Montag, dem 07.05. entschieden. Eintritt ist wie immer ab 20h, der Spaß kostet wie immer 3€ und natürlich residieren wir wieder im Damensalon in der Reuterstraße 39, weil es dort einfach die besten Drinks gibt. Wenn wir ganz ehrlich sind: Die Vorstellung, direkt am 14.05. schon wieder dort zu sein ist doch eine schöne. Aber zuerst sehen wir uns am 07.05. mit russischsprachige Literatur und deutscher Übersetzung!

Dmitri Golynko wurde 1969 in Leningrad, UdSSR, geboren. Nach dem Studium der Kunsttheorie und Russischen Literatur promovierte er mit einer Arbeit über die russische Post-Avantgarde des ausgehenden 20. Jahrhunderts. Er war 2004/2005 für zwei Jahre Gastprofessor am slawischen Institut der Cheongju Universität in Südkorea und ist zurzeit Forschungsbeauftragter am kunstgeschichtlichen Institut St. Petersburgs. Neben der Auseinandersetzung mit Film- und Medientheorie, die er unterrichtet, zeichnet er für zahlreiche Essays zu Themen der zeitgenössischen Kunst und Literatur verantwortlich, die in renommierten Zeitschriften Russlands erscheinen.

Hier ein Ausschnitt aus Дмитрий Голынко, in der Übersetzung von Steffen Popp und Alexander Filyuta zu Deutsch Das Phasenverschobene

Дмитрий Голынко

Сдвинутое по фазе

1

сдвинутое по фазе метит попасть впросак

но промахивается, десятилетье, начавшись

осамой бен ладеном, нудно и беспонтово

завершается ассанжем, гоняя коктейли

на шестьдесят каком-то этаже небоскреба

с формами цилиндра, усеченного и повсюду

зеркального, поперхнуться, хаяттов и марриотов

наворотили до самого горизонта, сгореть

ему со стыда за позу миссионерскую, щебечет

президентский твиттер об улучшении условий

для бизнеса, если выпала робинзонада, ее отбыть

уместней в черте мегалополиса, балл набран

2

сдвинутое по фазе сверяется по часам

с тоже сдвинутым, но не настолько, оно не успело

подсуетиться, опоздало вскочить на подножку

отъехавшей истории, среди розовых пантер

себя не запятнало разбоем, схватить родимчик

не удосужилось, плевелом не легло под комбайн

хлебоуборочный, проморгало важный момент

превращения милой девушки с тишайшим

нравом в отъявленную crazy bitch, хотя процесс шел

как по маслу, теперь копипастит что подвернется

из давно перепощенного, растет частота попаданья

в число партизан приморских, на пары разбились

3

сдвинутое по фазе держит равненье на

дышащее неровно, всяк сюда нисходящий

оставляет снаружи, жутко, за руку чуть не

поймали, паррезия, скорая на язык, бодрит

одного паррезиаста,  гнилостная петрушка

вышла с материальной помощью, выданной

на отпуск, мимо промчалось на всех парах

и отмучилось быстро, кусака тявкает, укурок

посягает на собственность, парочка перегрелась

разруливая отношенья, обветренный носик

у любопытной сопливится, высмаркивая ноздрю

и куда ни надо суясь, каждый жест взвешен

4

сдвинутое по фазе гурманствует чем придется

при пустом холодильнике, ломает его наполнить

содержимым, еботней органики иль ядреным

вырви глаз азиатским соусом, не первая полтаха

раздавлена втихую, задумчиво долдоня

о приближении того что дальше, гудит на пару

с ошпаренным опытом жизни, не просыхая от пота

сторучьевого, укутанная в пелеринку

благородная старость трясет поджилками перед

ртом неблагодарной юности, и похлеще видали

если погуглить, доведя себя до цугундера

пробавляется ингаляциями, в рассоле размокло

.

.

.

Dmitry Golynko

das Phasenverschobene

 

1

das Phasenverschobene peilt eine Schieflage an

und verfehlt sie – das Jahrzehnt, begonnen mit

Osama bin Laden, endet witzlos mit Assange – 

Cocktails schlürfend im sechzig plus x-ten Stock

eines Wolkenkratzers, abgeschrägte Zylinder

endlos sich spiegelnd, Hayatts und Mariotts

Husten auslösend hingetürmt bis zum Horizont

für diese Missionarsstellung soll er vor Scham

versinken, der Twitter des Präsidenten zirpt

von Business-Erleichterungen, evtl. auftretende

Robinsonaden besser in den Grenzen der Mega-

lopolis aussitzen, Mindestpunktzahl erreicht

2

das Phasenverschobene gleicht die Uhr mit einem

anderen Verschobenen ab, doch nicht exakt –

es kam nicht zurecht, verpasste den Sprung aufs

Trittbrett der Geschichte, abgefahren, befleckte

sich nicht mit Raub bei den Rosa Panthern

entging dem Schlaganfall, kam nicht wie Lolch

unter den Mähdrescher, verschlief den Moment

der Verwandlung einer netten Sanftmütigen

in eine crazy Bitch, obwohl der Prozess wie

Klinge durch Butter lief, jetzt copypastet das Erst-

beste aus zigmal Gepostetem, die Beitrittsrate

der Primorje-Guerilla steigt, in Paare eingeteilt

3

das Phasenverschobene richtet sich nach dem

stockend Atmenden, die ihr hier eintretet, lasst alle

fahren, beängstigend, wie in flagranti ertappt

Parrhesia, zungenfertig, befeuert Parrhesiasten

die schlampige Quitte ging mit einer Sonder-

zahlung für Urlaub raus, was mit Volldampf

vorbei rauschte, segnete schmerzlos das Zeitliche

der Beißer bellt, der Kiffer greift nach dem

Besitz, das Pärchen überhitzte sich beim

Regeln der Beziehung, das windrauhe Näschen

einer Spannerin läuft – Schnäutzen – steckts

in fremde Wäsche, jede Geste gewogen

4

das Phasenverschobene schlemmt das Erstbeste

bei leerem Kühlschrank, drückt sich davor, ihn

zu füllen, mit einer Biokotze oder der atomaren

– Rachenputzer – asiatischen Sauce, etliche Shots

schon im Stillen gekippt, nachdenklich brabbelnd

vom Nahen des Kommenden, pfeift unter Dampf

abgebrühten Lebens, in hundertströmigen Schweiß

gebadet, in eine Pelerine gehüllt, zittert das

würdige Alter am ganzen Leib vor dem Mundwerk

respektloser Jugend, es gibt Krasseres zu sehn

beim Googeln, vor die Hunde gegangen, zufrieden

am Inhalator nuckelnd, in Salzlake aufgeweicht     

.

.

.

Julia Kissina (russisch Юлия Дмитриевна Кисина Julija Dmitrijewna Kissina; * 1966 in Kiew, Sowjetunion) ist eine russische Künstlerin und Schriftstellerin. 

Als Künstlerin ist sie durch ihre Fotografien bekannt geworden. Sie studierte in der Akademie der bildenden Künste in München. In den 90er Jahren entwickelte sie das Verfahren der „performativen Fotografie“ und führte eine Reihe von künstlerischen Aktionen durch, u.a. „Kunst und Verbrechen“ auf dem Polizeirevier 4/42 in Berlin (2003) und „Authentic german way to living and enjoying oneself“ auf der Art Berlin (2004). 2006 gründete sie den „Klub der toten Künstler“, der seither in spiritistischen Séancen Gespräche u. a. mit Malewitsch, Duchamp,Repin und Modersohn-Becker geführt hat.

In all ihren Werken konfrontiert sie das Publikum und den Leser mit den Möglichkeiten von Fiktion und künstlerischer Provokation im Alltag.

Julia Kissina lebt und arbeitet in Berlin. Momentan ist sie Stipendiatin des Berliner Senats für Literatur.

Aus: Ausgewählte Gedichte, 2010. Übersetzt von: Martina Jakobsen

23.04.: Präsentation der DLL-Tippgemeinschaft mit FEIBIG, KIRCHMAYER, MADER & MAISANO

17 Apr

Wenigen mag es bisher aufgefallen sein und ich war selbst ziemlich überrascht als ich es erfuhr, aber: Die meisten der Autorinnen und Autoren, die bei uns lesen, veröffentlichen ihre Texte. Und nicht nur so auf Blogs, bei Facebook oder auf den Hauswänden von Neukölln, sondern in Büchern. Wahnsinn. Zum Beispiel kann man jetzt von Tom Bresemann eine Geschichte für ’nen Euro (auch: Teuro, Eurone, Taler, Pinke Pinke, Mark) bei SuKuLTur kaufen, die er irgendwann mal in einer frühen Fassung noch bei uns las. Überhaupt werden diese ganzen Bücher auch gelesen. Und dann schreiben Leute was darüber, wie zum Beispiel im Falle von Mathias Traxler. Der hat auch mal bei uns gelesen, und zwar aus seinem Band You’re Welcome. Ein paar von den Leuten, die damals im Publikum saßen haben sich mit ein paar anderen Leuten, die damals vielleicht auf der heimischen Couch saßen, zusammengetan und bloggen nun über den Band

Ich allerdings blogge hier gerade über KREUZWORT, aber irgendwie komm ich trotzdem von diesen Büchern nicht los: Schließlich haben wir eine Präsentation vor uns: 

Seit zehn Ausgaben steht die Jahresanthologie des Deutschen Literaturinstituts Leipzig für jüngste deutsche Literatur, seit zehn Jahren gibt sie kontinuierlich Einblicke in das Schreiben der Studierenden – 2012 feiert die Tippgemeinschaft also ein rundes Jubiläum.

Anlässlich dieses besonderen Ereignisses wurde nicht nur erstmalig ein Teil der Texte von ihren Autoren eingesprochen, es wurden darüber hinaus auch ehemalige Studierende des Instituts dazu eingeladen, mit aktuellen Texten den Bogen über die Jahre zu spannen.

Vier der im Band vertretenen Autorinnen und Autoren dürfen wir am Montag, dem 23.04. bei uns im Damensalon in der Reuterstraße 39 begrüßen. Eintritt ist wie immer ab 20h und beträgt die gewohnten 3 Teuronen (das ist jetzt neu!). Dafür gibt es vorgetragene Texte von Ulrike Feibig, Ursula Kirchenmayer, Babet Mader und Patrick Maisano, in die hier herein gelesen werden kann:

Patrick Maisano (1977) hat Architektur studiert und 2005 an der ETH Zürich diplomiert. Ab 2009 studierte er im Masterstudiengang des Deutschen Literaturinstituts Leipzig und schloss 2012 mit einem Romanmanuskript ab. Er arbeitete als Autor, Architekt, Bühnenbildner und Performancekünstler an verschiedenen Orten in Europa und in den USA. 

Ausschnitt aus dem Romanmanuskript BASTARDI:

Ja, so in dieser warmen Flüssigkeit, mit geschlossenen Augen. – So, dass du nichts sehen musst. – Einfach so, dass es schön eng ist. – So schön eng, dass du dich nicht bewegen musst. Nicht mal atmen … – Klar, die Nase ist ja zu. – Ich würd’ sagen, die ist eher offen und die Lunge ist voll mit Flüssigkeit. – Genau, die Lunge ist voll mamma. – Voll mamma? – Ja, meine mamma, die mir durch die Nase, durch den Hals, durch die Lunge, ins Blut fliesst. – Wenn du meinst. – Und ich kann nicht ersticken dabei, weil da gar nichts anderes in mich rein kann als meine mamma. Alles in mir ist ausgefüllt von meiner mamma. Meine mamma ist in mir und um mich. Und dazwischen ich. – Vielleicht mit so ein paar wenigen Haaren auf dem Kopf? So Klebhärchen? – Ja. – Allerdings, das ist schon wieder schwierig. Weil, wie sind die denn, deine Haare? – Du meinst, ob die eher blond und gerade oder eher schwarz und gekruselt sind? Oder vielleicht blond und gekruselt? Oder schwarz und gerade? – Eigentlich müssten die ja ähnlich sein wie die deiner Mutter. – Oder sonst wie die meines Vaters. – Oder halt eben ein Gemisch aus den beiden. – Oder halt eben.

babet mader 1982 geboren studiert am deutschen literaturinstitut leipzig seit 2010 und hat schon einiges gemacht

Auszug aus Ich versteh nicht was ihr von mir wollt

wenn man überlegt wie viel zeit man mit aktivitäten verbringt die einen langweilen wie viel zeit auch mit bürokratie und arbeit verschwendet wird gibt es eine aufschlüsselung dafür bestimmt verbringt man 60 prozent seines lebens mit unerwünschten angelegenheiten ich dachte früher das liegt am besitz den man hat und wollte punk werden aber das ist der totale irrtum als punk hast du genau die gleichen probleme viele aktivitäten die langweilen und auch viele unerwünschte angelegenheiten es ändert sich nicht bei den superreichen ist es genau das gleiche oben und unten verbindet die langeweile und das leben das wir leben scheint deshalb so kurz weil wir die meiste zeit mit anderen dingen beschäftigt sind ich habe schiss dass ich erst lebe wenn sich andere menschen um meine angelegenheiten kümmern dann wenn ich mir nicht mal mehr meinen eigenen arsch abwischen kann ich habe versucht mich all meinen verpflichtungen und aktivitäten zu entledigen ich habe versucht genau das zu machen worauf ich lust hatte wenn ich auf etwas lust habe dachte ich bleibt die langeweile aus das geht nämlich nicht dachte ich dass ich mich bei etwas worauf ich lust habe langweile also habe ich mir einen film den ich schon immer sehen wollte ausgeliehen ich habe mein handy ausgemacht und habe mir eine schöne schaumige wanne voll dampfendem wasser eingelassen und dann habe ich mir zigaretten vorgedreht und eine flasche wein geöffnet ich lag in der wanne trank den wein schaute den film rauchte die zigaretten und habe nichts dabei empfunden ich habe nur das bild der perfekten entspannung gesehen ich habe gesehen wie das von außen wirkt es wirkt entspannend wenn man das erzählt weil alle denken gott wie entspannend ich konnte mich überhaupt nicht entspannen ich habe es gemacht wie ich alles mache ich mache es mir gemütlich ich mache mir etwa zu essen ich mache mal ne Pause aber entspannen kann ich so nicht ehrlich gesagt weiß ich gar nicht wie das geht ich habe mich noch nie damit beschäftigt meine eigene form von entspannung zu finden ich falle auf die gesellschaftlich anerkannten formen der entspannung rein vielleicht ist meine form von entspannung wände streichen oder cds sortieren wer weiß das schon die vorgegebenen entspannungsmethoden funktionieren bei mir jedenfalls nicht

theater konzert essen gehen und sex das sind keine relax momente in meinem leben ich mach das alles aber es entspannt mich nicht drogen und feiern auch nicht das ist das anstrengendste was es gibt schlimmer noch als arbeiten oder langstreckenflüge langstreckenflüge sind jedoch das allerschlimmste qualvoll muss der job als stewardess sein das sagt man nicht mehr oder bevor ich in den zug gestiegen bin stand ich lange am hauptbahnhof rum und habe von ganz oben nach ganz unten auf die gleise geschaut als erstes wollte ich unbedingt runter spucken und dann wollte ich runterspringen der boden sah so weich aus wie eine hüpfburg ich dachte vielleicht federt das und ich fliege wieder hoch

Ursula Kirchenmayer wurde 1984 in Lugosch (Rumänien) geboren und lebt in Berlin. Sie studierte Literaturwissenschaft und Romanistik (Spanische Philologie) an der Universität Potsdam sowie an der Universidad Nacional Mayor de San Marcos in Lima (Peru), und unternahm ausgedehnte Reisen durch verschiedene Länder Lateinamerikas. Seit 2010 studiert sie „Literarisches Schreiben“ am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. 

(…) Der Vater hatte die Fähigkeit, von einer Sekunde auf die andere aus seinem Sessel zu verschwinden und an einem anderen Tag, in einer anderen Sekunde, in einem anderen Sessel wieder aufzutauchen. Es gab verschiedene Möglichkeiten, das Verschwinden des Vaters zu verhindern. Man konnte sich in seiner Armbeuge verstecken oder unter seinen Pullover klettern, an seinem Hosenbein konnte man sich festkrallen, auch das Zusammenbinden seiner Schnürsenkel hat sich in der Vergangenheit als hilfreich erwiesen. Weiterhin konnte man den Vater auf Trab halten, indem man den blondgelockten Bruder an den Haaren zog, nur übertreiben durfte man es nicht. Sonst wurde man alleine ins Schlafzimmer gesperrt. Und dann half nur das Wippen wieder, der harte und regelmäßige Schlag der Gitterstäbe im Rücken, die kleine Erschütterung im Kopf.

(…)  Jedes Jahr im Sommer trug der Vater die Mutter auf den Armen ins Meer. Zuhause in Deutschland aber haftete allen Gegenständen, Gesten und Blicken eine sonderbare Spannung an. Unsichtbar, wie eine feine Staubschicht, die nur das Kind wahrnahm, hatte sie sich auf die Dinge gelegt: über das geblümte Wachstischtuch zwischen den Eltern zuerst, um dann Besitz zu ergreifen von den Händen des Vaters, die mit schnellen Bewegungen eine Orange schälten und sich dabei beinahe in den Finger schnitten; auch auf die Hände der Mutter, die reglos im Schoß lagen, war sie übergegangen. Eine einzige Unachtsamkeit des Kindes konnte reichen, und die stumme Zweisamkeit der Eltern war aus dem Gefüge gebracht. Das versehentliche Auftreten mit der Ferse vielleicht, ein Bissen mit offenem Mund, ein Wort in Kindersprache. Solange aber der Vater die Mutter durch das Meer trug, dachte das Kind, so lange würde alles an seinem Platz bleiben auf der Welt.

Ulrike Feibig, geboren 1984 in Magdeburg, studierte/studiert Germanistik, Slavistik, Kunstpädagogik, Literarisches Schreiben, lebte/lebt in Magdeburg, Wettin, Quedlinburg, Dresden, Leipzig, arbeitete/arbeitet in einem Kulturzentrum, als Bühnen- und Kostümbildassistentin, als Spielzeug- verkäuferin auf Märkten, als studentische Hilfskraft, im Kinderheim, als Aufsicht in einem Museum, als Kindermädchen und Fischverkäuferin

Miniaturen

Das Kreuztier hinter dem Tuch (1)

Das Kreuztier ist in doppelter Hinsicht ein Kreuztier. Einmal, weil es meinen Weg kreuzt oder ich seinen Weg kreuze. Zudem trägt das Kreuztier ein Kreuz auf dem Rücken. Du sagst: Ich lasse mich doch von Dir nicht aufs Kreuz legen. Das Kreuztier mag das auch nicht. Es stirbt dann.

Das Kreuztier hinter dem Tuch (2)

Das Kreuztier ist in doppelter Hinsicht ein Kreuztier. Einmal, weil es meinen Weg kreuzt oder ich seinen Weg kreuze. Zudem trägt das Kreuztier ein Kreuz auf dem Rücken. Du sagst: Ich lasse mich doch von Dir nicht aufs Kreuz legen. Das Kreuztier liegt hingegen gerne auf dem Rücken. Es zieht die Beine an und wartet. Manchmal mache ich es ihm nach.

Das Kreuztier hinter dem Tuch (3)

Das Kreuztier ist in doppelter Hinsicht ein Kreuztier. Einmal, weil es meinen Weg kreuzt oder ich seinen Weg kreuze. Zudem trägt das Kreuztier ein Kreuz auf dem Rücken. Ich habe gesehen, wie es auf dem Rücken liegt, die Beine anzieht und wartet. Manchmal mache ich es ihm nach.