Kreuzwort am 09.01. mit M. NATT, L. WESTHEUSER, G. GRANDERATH und D. FALB

3 Jan

Reißerische, überironische Späße über Jahresanfang wären an dieser Stelle genauso lahm wie Träne-im-Knopfloch-Lobhudeleien darüber, dass wir’s ohne euch niemals ins dritte Jahr geschafft hätten, welche Erfolge wir für uns verbuchen konnten und was wir noch so vorhaben. Eigentlich haben wir auch nicht so viel vor, wir lassen ja machen. Der Damensalon in der Reuterstraße 39 wird am 09. Januar seine Tür öffnen, die ihr ab 20h aufdrücken könnt, um uns 3€ Eintritt in die Wurstfinger zu stecken. Dann lesen Maria Natt, Linus Westheuser, Greta Granderath und Daniel Falb Texte vor, die nicht mal wir geschrieben haben – die machen das noch selbst. Man kann nicht mal sagen, wir hätten uns überflüssig gemacht, vielleicht waren wir einfach nie wichtig. Wer allerdings im Jahr 1 nach Occupy noch für Aktivismus und Partizipation ist, der kann ja kommen und ganz angestrengt und konzentriert zuhören, Bier trinken oder kickern. Das machen wir dann immerhin auch, das eine von mehr Erfolg gekrönt als das andere. Ratet mal.

Maria Natt, geboren 1988 in Oldenburg. Lebt, liest und schreibt in Berlin, seit 2009 Mitglied der G13. Veröffentlicht Lyrik in Kneipen, Zeitschriften und Anthologien, und auf www.gdreizehn.wordpress.com

sommer herbst morgen berlin 16°C
ich sollte rausgehen ein fenster öffnen wenigstens
akzeptieren dass der morgen ein vormittag ist
ich kann mir nicht helfen
könnte mir großes vornehmen
oder die m4 zum hackeschen
ich denke nicht viel in letzter zeit
ausser durch den regen zu gehen und ja
ganz unmetaphorisch
ich könnte das haus verlassen
mich abgewöhnen oder ausbaden
ich bin nicht gut im begreifen
das mit den jahreszeiten den tagabständen
die sache mit dem frühstück und ja
ich kann mir nicht helfen
und wenn ich rausgehe dann sind da die bordsteinfugen
und die abstände und die zwischenräume
da wo man hintreten darf
dann kann ich durch den regen gehen
und ganz laut august denken
alle sachen wieder hinstellen und kreuze machen
aber helfen dann doch nicht
vielleicht später oder ja ein andermal

Linus Westheuser, geb. 1989 in Berlin. Studiert Soziologie. Seit 2009 Mitglied der Lyrikgruppe G13. Veröffentlichungen in Zeitschriften und zuletzt in der Anthologie des „Zeitkunst“-Festivals 2011.

freiflächen. sinnloses warten auf serien. abstürzende seerosen.
geleeartig aufmerksamkeit. im hintergrund
hat das wetter angefangen. verschränkte arme
zeigen fragliches an. spannbreit am bauch die hand weiß. wolken.
ich habe das nie verstanden. die enge in anflügen. lungen
wenn ich auf plastikschalen rosen sehe. seerosen, nein?
die augen verkniffen zum eindruck. als brächen nicht ständig
esel ins eis. als kämen zwischen einem
finger und dem nächsten nicht alle flüge zu spät.
das wetter verstaut sich immer wieder neu. ich lauer darauf.
unauffällige bodenlosigkeiten wie wenn man
vom luftraum aus auf eine kette von teichen zeigt.
wichtig ist man weiß wenn einer springt
dann springen die anderen auch.

Greta Granderath, geboren 1985 in Gelsenkirchen (NRW), ist Autorin und Theatermacherin. Sie lebt in Hamburg, wo sie 2010 den Masterstudiengang Performance Studies an der Universität Hamburg abschloss.  Zuvor studierte sie Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft und Theaterwissenschaft an der Freien Universität Berlin. Als Performerin, Dramaturgin oder Autorin war sie an unterschiedlichen Theaterproduktionen beteiligt.

Mit ihren Texten (Lyrik und Prosa) war Greta Granderath u.a. eingeladen zum internationalen Literaturfestival Lit.Cologne und zum Internationalen Poesiefestival Berlin. 2009 las sie in der Endauswahl des 17. Open Mike. 2004 war sie Preisträgerin des Hattinger Förderpreises für junge Literatur.
Ihre Texte wurden in Zeitschriften und Anthologien veröffentlicht, zuletzt in Randnummer 02 (2010) und im Jahrbuch der Lyrik (S. Fischer Verlag, 2009).

 

Stadt der Pelze und Fische

 

ein euphemistischer Hbf (Wandelhalle)
in alle Himmelsrichtungen offen
im Schutz der Kameras entstehen Schlafplätze ex negativo

 

die An- bzw. Abwesenheit von Banknoten
(von Natur aus emergierend)
gleicht einer Symphonie: Mood Media

 

was reimt sich auf Brise? (Flattern)
was ist mittelgroß und schreit im Sturzflug: Meins!
der Sprung über die Elbe (stadtauswärts) als Cliffhanger

 

einer noch nicht gegenfinanzierten Komödie
(super authentische Hafenarbeit)
warum steht eine Blondine an der Werft

 

und wirft Steine ins Wasser? (Post Production)
im Loop: Winteranfang (Weiß auf Weiß)
sagt eine Schneeflocke zur anderen:

 

eine Bordsteinschwalbe macht noch keinen Sommer
Eisschollen schlagen an die größte Flussinsel Europas
Hafengiraffen träumen von Insulanern

 

die sich gegenseitig aufwerten (Bohemian Index)
man unterscheidet in absolute und relative Zeitgeschichte
sagt ein Hamburger zum anderen:

 

was ist prekär und riecht nach Fisch?

 

Daniel Falb, geboren 1977 in Kassel, lebt in Berlin. Studium der Philosophie. Einzelpublikationen: die räumung dieser parks, Gedichte, kookbooks, Berlin 2003; bancor, Gedichte, kookbooks, Berlin 2009; naturezas-mortas sociais – 33 poemas (portugiesisch-deutsch), Sextante Editora, Lissabon 2009. Kürzlich erschienen: Helm aus Phlox. Zur Theorie des schlechtesten Werkzeugs (mit A. Cotten, H. Jackson, S. Popp, M. Rinck), Merve, Berlin 2011. Preise: Preisträger Literaturwettbewerb des „Literaturort Prenzlauer Berg“ 2001; Lyrikdebütpreis des Literarischen Colloquiums Berlin 2005; Stipendiat der Stiftung Niedersachsen 2006

***
die erlegte maschine wird, noch auf der lichtung befindlich, tagelang nicht abgeholt.
der blick auf die ungestellte uhr. kein rudel von beagles nähert sich. denn
sie verströmt keinen geruch. tritt eine so schlechte nachricht ein, wird ein altes foto von mir
rausgesucht, auf dem isch traurig aussehe.
schnitzereien aus ahorn wachsen der maschine dr. alzheimer entgegen, locker im raum,
der spitzabfall eines ganzen bleistifts, die von einem neuen radiergummi
übrig bleibenden krümel, röllchen: wirft man dies in den ganz neuen papierkorb, wird es
unverzüglich rausgeholt und der korb gereinigt.
die in verschiedenen intensitäten von rot eingefärbte karte zeigt nichts bleibendes, sondern,
was sich jetzt bewegt. wie auf nichts,
auf schneebedeckter plane, findet der autoverkehr statt, die ihre bahn
ziehenden autos, unsichtbar auf dem parkplatz.
unsichtbare maschine dr.,
erkennbar allein an den progredierenden schnitzereien, blüten aus ahorn-holz. wollen wir sie
tot oder lebendig? das ist unentscheidbar, denn bewegung
ist leben. an einem windstillen tag lassen wir vier heißluftballons steigen, übermitteln uns
– in luftigen höhen – per handspiegel kurze nachrichten bzw. grüße.

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  1. LESUNG: Maria und Linus am 9.1. bei Kreuzwort « G13: elektrolyrik/luftpost - Januar 3, 2012

    […] …und zwar mit Greta Granderath und Daniel Falb in bester Gesellschaft. Es wird ums Verlieren gehen, soviel steht fest. Und Lastwagen. Wir alle mögen Lastwagen zu einem gewissen Grad. Also fühlt euch am nächsten Montag (9.1.)  ganz herzlich eingeladen, um 20 Uhr im ‘Damensalon‘ zu lauschen. Reuterstraße 39. Das alles nochmal, plus Biographien und Texte der Lesenden findet ihr hier. […]

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